Produkt-InformationHermann Giesecke

Warum ich gegen inklusive Schulen bin
Die zerstörerische Naivität ideologisch motivierter Schulreformen
Kindle-Edition 2016
Taschenbuch 2017

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Zu dieser Edition:
Die ursprüngliche Fassung des Themas ist unter dem Titel "Inklusion.  Ein pädagogisch-politischer Irrtum"  zunächst auf meiner Homepage 2015 veröffentlicht worden. Inzwischen ist der Text in leicht überarbeiteter Form unter dem Titel "Warum ich gegen inklusive Schulen bin" als e-book in einer Kindle-Edition 2016 und auch als Taschenbuch 2017 veröffentlicht (H. Giesecke)


Inhalt


VORBEMERKUNGEN

I. INKLUSION ALS POLITISCHE WELTANSCHAUUNG

II.  DIE PÄDAGOGISCHE RECHTFERTIGUNG

III. INKLUSION ALS HÖHEPUNKT SCHULREFORMERISCHER ILLUSIONEN
 


Vorbemerkungen
(Auszug)


Vor ungefähr fünf Jahren bin ich um ersten Mal auf den Begriff "Inklusion" in pädagogischen Zusammenhängen aufmerksam geworden. Ich habe der Sache keine größere Bedeutung beigemessen, weil dahinter nur eine weitere "reformpädagogische" Idee zu stehen schien, wie sie in den letzten Jahrzehnten einander zahlreich abgelöst haben, ohne in der pädagogischen Praxis auch nur Spuren einer Verbesserung zu hinterlassen. Die verantwortlichen Erfinder oder Nutzer dieser Einfälle schienen wenig Interesse daran zu haben, die Wirkungen ihres Tuns zu überprüfen, bevor weitere sogenannte Reformprojekte in die Welt gesetzt wurden, die ihre Vorgänger überschrieben und sie somit gleichsam lebendig begruben. In den letzten Jahrzehnten sind zudem eine ganze Reihe von Wissenschaften durch die Schulen hindurch spaziert und haben dabei Reste ihres Weltverständnisses mit mehr oder weniger pädagogischer Wirkung, aber stets mit ganzen Salven imponierender Fachausdrücke hinterlassen. Psychoanalyse, Neurolinguistik, Hirnforschung sind nur einige davon. Volkstümlich erklärt: Immer wieder wurde eine neue Sau durchs Dorf getrieben, aber der Schinken schmeckte nicht besser.
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Meine eher reservierte Einstellung zum Thema änderte sich erst, als ich die Kritik von Bernd Ahrbeck (Inklusion. Eine Kritik. Stuttgart 2014) gelesen habe. Sie machte mir klar, dass hier mehr auf dem Spiel steht als eine neue undurchdachte pädagogische Marotte, dass vielmehr mit dem Begriff Inklusion, jedenfalls so wie er in der deutschen Diskussion gebraucht wird, politische und ideologische Implikationen verbunden sind, die nicht einfach hingenommen werden dürfen. 

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(Es geht mir) darum, ... vor allem die politisch-ideologischen und damit demokratiepolitischen Implikationen des Inklusionskonzeptes vorzustellen und einer Kritik zu unterziehen. Dabei wird sich unter anderem herausstellen, dass anders als die Propagandisten der Inklusion behaupten dieses Konzept keineswegs zwangsläufig aus der Behindertenkonvention der UN abgeleitet werden muss. Aus ihr ergibt sich jedenfalls für Deutschland nicht so etwas wie ein politisches Über-Ich, dem gehorsam zu folgen wäre. Im Gegenteil bleibt bei näherem Zusehen nur der blanke politische Wille übrig, die Inklusion so wie propagiert und nicht anders zu realisieren. Deshalb muss darauf auch politisch reagiert werden.

Damit ist das erste Kapitel der Arbeit bereits gekennzeichnet. Im zweiten wird der Akzent auf die pädagogischen und vor allem auch schulpädagogisch-didaktischen Voraussetzungen und Folgen dieses Konzeptes gelegt. Dabei zeigt sich, dass ein mehr oder weniger radikaler Subjektivismus planvollen, kontinuierlichen Unterricht nicht nur verhindert, sondern auch als überflüssig erscheinen lässt. Für das Konzept Inklusion braucht man nämlich eine Schule,
 - in der die Inhalte des Unterrichts als weitgehend beliebig und somit möglichst wenig verbindlich gelten können. Sonst werden die von den Inhalten ausgehenden Anforderungen diejenigen Schüler ausschließen, die sie - wie etwa geistig behinderte - nicht erfüllen können;
 - in der die Leistungsanforderungen des Unterrichts an das Können der einzelnen Schüler angepasst werden: Jedem Schüler ein eigener Lehrplan gemäß seinen Fähigkeiten. Dann kann faktisch jeder Schüler akzeptiert werden - auch der, der kein Abschlusszeugnis erwarten kann, weil er die dafür nötigen Leistungen nicht erreichen wird;
 - in der die auf diese Weise reduzierten Leistungsanforderungen an die Schüler auch im Hinblick auf das Tempo der Erledigung von Aufgaben subjektiviert und damit relativiert werden: jedem Schüler sein eigenes Lerntempo.

Mit diesen Vorentscheidungen stünde die Grundlage des so genannten "gegliederten Schulsystems" in Frage, wie es sich in der deutschen Tradition entwickelt hat. Die Berechtigung zum Aufstieg in diesem System setzt eine durch Zeugnisse dokumentierte Leistung voraus. Darin manifestiert sich die Allokationsfunktion der modernen Schule: sie soll die gesellschaftlichen Positionen aufgrund von Leistung vergeben, nicht wie in der vordemokratischen Zeit aufgrund eines angeborenen Privilegs.

Im dritten und letzten Kapitel wird das Konzept der Inklusion als Höhepunkt einer seit Jahrzehnten mehr oder weniger in sich kreisenden Schulreformpädagogik interpretiert und mit Vorschlägen für das weitere Vorgehen in dieser Frage verknüpft. Dabei tauchen Zweifel auf, wem das Konzept der Inklusion letztlich nutzen könnte und ob die behinderten Kinder und Jugendlichen überhaupt im Mittelpunkt der in  ihrem Namen vorgetragenen Argumentationen stehen. Jedenfalls ist es angebracht, die mit diesem Konzept verbundenen politischen, ideologischen, pädagogischen und ökonomischen Interessen genauer zu betrachten.
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